
„Rheuma ist eine Erkrankung aus der Vielzahl von Autoimmunerkrankungen. Das Gefährdungspotenzial nach einer Corona-Virusinfektion ist aus mehreren Gründen bei diesen Patienten als besonders ernst einzuschätzen“, erläutert PD Dr. med. habil. Josef Teuber, Rheumatologe an der Klinik an der Weißenburg in Uhlstädt-Kirchhasel.
Warum gehören Menschen mit rheumatischen Erkrankungen zur Risikogruppe bei COVID 19?
Unser Immunsystem bewahrt uns vor Infektionen und bekämpft Viren und Bakterien, die in unseren Körper eindringen. Bei Autoimmunerkrankungen, zu denen Rheuma gehört, ist dieser Mechanismus gestört. Die Immunantwort, d.h. die Reaktion des Immunsystems, richtet sich gegen körpereigene Strukturen, die es als fremd wahrnimmt und zu eliminieren versucht. Die dabei in Gang gesetzten Entzündungsprozesse offenbaren sich nicht nur mit fortschreitender Zerstörung an den Gelenken (z.B. Gelenkrheuma), sondern befallen auch andere Organsysteme, etwa Gefäße, Nieren, Lunge, Leber usw. mit ernstzunehmenden vitalen Folgen. Die Beobachtungen zeigen, dass bei diesen Patienten mit einer zunehmenden entzündlichen Prozessaktivität die virale oder bakterielle Infektgefährdung überproportional gesteigert ist.
Was genau heißt das?
Als Hypothese wird diskutiert, dass der Immunabwehr bei dem übermäßigen Verbrauch des Entzündungspotenzials für den breiten und intensiven Einsatz der zugrundeliegenden Autoaggressionserkrankung keine ausreichenden Ressourcen mehr für den Kampf gegen eine zusätzliche Infektion zu Verfügung stehen. Um den Gefahren einer schweren Organzerstörung durch eine hohe Entzündungsaktivität begegnen zu können und dabei auch die Infektanfälligkeit in dieser Entzündungsphase zu reduzieren, müssen Medikamente eingesetzt werden, die einen dämpfenden Einfluss auf die immunbedingten Entzündungsmechanismen ausüben. Hier kommen sog. Immunsuppressiva zum Einsatz. Das sind Medikamente, die die hyperergischen Immunreaktionen, also die gesteigerte Empfindlichkeit bzw. Reaktion eines Organismus z.B. gegen einen Krankheitserreger herunterfahren. (...)
Welche Medikamente sind das?
(...) Basismedikamente oder DMARD, z.B. MTX (Methotrexat), Leflunomid, Antimalariamittel und Azathioprin. Sie dienen der Erstbehandlung bei Rheuma. Schlägt die Therapie nicht an, wird die Behandlung ausgeweitet und auf die moderneren Substanzgruppen umgestellt. Zu ihnen zählen die sogenannten Biologicals. Ihre Wirkung beruht darauf, dass diese verschiedenen Medikamente selektiv in die verschiedenen Ebenen der Entzündungsabläufe eingreifen. Alternativ dazu sind die sogenannten JAK-Hemmer, die auf dem Gebiet des entzündlichen Rheumas die neueste Behandlungsmethode repräsentieren. Während Biological als Spritze oder Infusion in wöchentlichen bzw. auch mehrmonatigen Abständen zu verabreichen sind, werden die JAK-Inhibitoren (Arzneistoffe) in Tablettenform eingenommen. (...)
Welche Besonderheiten ergeben sich bei den verschiedenen Immunsuppressiva in Bezug auf eine SARS-CoV-2 Infektion?
Corticosteroide haben eine antientzündliche und damit verbunden auch eine fiebersenkende (!) Wirkung. Die Unterdrückung einer Fieberreaktion, die ein Leit- oder Kernsymptom von COVID-19 ist, birgt ein Risiko, die Infektion zu verschleiern.
Cortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, das physiologischerweise in Stresssituationen in hoher Konzentration sezerniert wird. Ein Cortisonmangel ist mit dem Leben nicht vereinbar. Langzeitbehandlungen mit Cortison ähnlichen Substanzen, etwa Prednisolon, unterdrücken die Eigenproduktion von Cortisol in der Nebenniere nachhaltig. Deswegen ist dringend darauf zu achten, dass besonders bei vitalbedrohlichen Zuständen, etwa beim Auftreten eines schweren Lungenbefalls im Rahmen von COVID-19, die synthetischen Corticosteroide (Prednisolon) nicht abzusetzen sind, sondern eher die Dosis erhöht werden muss, um in dieser kritischen Situation die fehlende Eigenproduktion dieses Hormons ausreichend zu ersetzen.
Während der Behandlung mit Tocilizumab (RoActemra) wird die Produktion von CrP unterdrückt. Dies ist ein Parameter im Blut, der eine Entzündung anzeigt. Diese Nebenwirkung dieses Biologicals ist zu berücksichtigen, weil es zu einer Fehleinschätzung einer Infektion führen kann. (...)
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